Essen: Hatte der nach der Broelsch-Suspendierung im Oktober 2007 quasi über Nacht eingesetzte kommissarische Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, Prof. Dr. Andreas P. einen jungen Assistenzarzt jüdischen Glaubens antisemitisch beleidigt?

09/28/2009 – Ulrich Coppel /

Genau diese Frage ist der Ausgangspunkt noch andauernder staatsanwaltlicher Ermittlungen und aktuell einer arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung gewesen, welche zeitgleich zum zweiten Prozesstag in der Hauptverhandlung des Prof. Broelsch am Landgericht Essen (25.09.2009) nebenan im Arbeitsgericht verhandelt worden war.

Zentraler Satz, sowohl der Strafermittlungen, als auch des arbeitgerichtlichen Prozesses, soll nach der Version des Assistenzarztes der Folgende sein. Im Rahmen einer Morgenbesprechung im Dezember 2008 habe Prof. Dr. P. den Assistenzarzt Mikhail K. mit den Worten (Mikhail K. sei ein) „Vertreter einer abscheulichen Minderheit, dessen Aussagen diese Minderheit noch abscheulicher machen“ antisemitisch beleidigt.

Assistenzarzt siegt vor dem Arbeitsgericht

Die fristlose Kündigung sei am 06.04.2009 aus zwei Gründen erfolgt, erklärten die Vertreter der Universität Duisburg-Essen:

1. Mikhail K. habe Strafanzeige gegen seinen Vorgesetzen erstattet, ohne zuvor mit seinem Arbeitgeber gesprochen zu haben.

2. Mikhail K. habe darüber hinaus die Presse informiert, und zwar ebenfalls ohne zuvor mit dem Arbeitgeber gesprochen zu haben.

Siegten vor dem Arbeitsgericht: Mikhail Kachur mit Rechtsanwältin Dr. Christiane Yüksel Foto: Ulrich Coppel

Siegten vor dem Arbeitsgericht: Mikhail Kachur mit Rechtsanwältin Dr. Christiane Yüksel Foto: Ulrich Coppel

Die Frage, ob der beleidigende Satz tatsächlich gefallen sei, oder nicht, habe hingegen für die fristlose Kündigung keinerlei Bedeutung gehabt, führte der Vertreter des Klinikums auf Nachfrage des Richters aus.

Hingegen erläuterte die Hamburger Rechtsanwältin des Klägers Dr. Christiane Yüksel, dass die Strafanzeige des Assistenzarztes inzwischen noch „wegen Volksverhetzung“ erweitert worden sei.

Und so fand der Vertreter der Universität Duisburg-Essen im Arbeitsgerichtstermin ein ganzes Füllhorn an Erklärungen dafür, was nach seiner Ansicht an jenem Dezembermorgen vorgefallen sei: Mikhail K. sei mit der Bemerkung gar nicht gemeint gewesen, war vom Vertreter der Universität, Assessor P. genauso vorgetragen worden, wie sinngemäss: Derzeit würde ja gleich nebenan die Hauptverhandlung gegen Professor Broelsch verhandelt, dessen Fürsprecher die gemeinte „Minderheit“ dargestellt hätten. Schließlich wurde dies auch dem vorsitzenden Richter zu bunt, und bewog ihn dazu mit den Worten: „Herr P. Sie wiederholen sich ständig, und drehen mir das Wort im Mund herum“ seinem Unmut Luft zu machen.

Assistenzarzt Mikhail K. obsiegte an diesem Tag vollumfänglich, wie dem Urteil des Gerichts vom gleichen Tage zu entnehmen ist. (AZ.: 5 Ca 1487/09) Darin heißt es: „1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 06.04.2009 nicht beendet worden ist.“